DannyB93

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Posted: 15 May 2019


Taken: 30 Dec 2018

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Ruhrgebiet
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Ehemalige Kaue der Zeche Graf Bismarck 1/4 (Gelsenkirchen-Schalke) / 30.12.2018

Ehemalige Kaue der Zeche Graf Bismarck 1/4 (Gelsenkirchen-Schalke) / 30.12.2018
1868 wurde beschlossen, hier in der damals sumpfigen und fast menschenleeren Emscherniederung eine neue Steinkohlenzeche errichten zu lassen. Friedrich Grillo gründete hierzu eine Gewerkschaft, welche zu Ehren von Otto von Bismarck, dem preußischen Ministerpräsidenten und ersten Kanzler des Deutschen Reiches, den Namen "Graf Bismarck" erhielt. Das Abteufen des Schachtes 1 begann bereits 1869, und schon im folgenden Jahr stieß man bei 197 m Tiefe auf die flözführenden Gesteinsschichten. Nachdem der Schacht mit einem Malakowturm ausgestattet wurde, nahm 1873 die neue Zeche Graf Bismarck die Kohlenförderung auf. Für den Absatz der Kohlen wurde am Anfang ein Gleisanschluss zur kürzlich eröffneten Emschertalbahn gebaut, ab 1879 bestand auch eine Verbindung zu der günstiger gelegenen Bergisch-Märkischen Eisenbahn und der Bahnstrecke Welver–Oberhausen-Sterkrade. Zeitgleich begann man außerdem für die Arbeiter des Bergwerks mit dem Bau mehrerer Zechensiedlungen. Aus diesen bildete sich auf der Emscherniederung im Laufe der Jahrzehnte eine geschlossene Siedlungsfläche, der heutige Stadtteil Gelsenkirchen-Bismarck, für welchen die Zeche Namensgeberin war.

Durch den äußerst wertvollen Flözreichtum konnte sich der Betrieb gut entwickeln und der Abbaubereich in Richtung Norden erweitert werden. So wurde 1882 unmittelbar nördlich der Emscher der Schacht 2 niedergebracht und drei Jahre später zur Kohlenförderung in Betrieb genommen. Auch ab hier breitete sich der Bergbau schnell aus. Für die Erschließung weiterer qualitativer Kohlenvorräte wurde von 1893 bis 1895 Schacht 3 südlich der heutigen Autobahn A2 abgeteuft. Die Bismarck-Schachtanlagen nördlich der Emscher hatten dazu beigetragen, dass sich das damalige Dorf Erle mit der Zeit ebenfalls zu einem vitalen, geschlossenen Stadtteil von Gelsenkirchen entwickelte.

Dadurch, dass die Schächte kilometerweit auseinander lagen, war die Wetterführung (Belüftung) in den Grubenbauen oft unzureichend, weswegen der Ausbau zu Doppelschachtanlagen beschlossen wurde. In Folge dessen wurde 1899 neben Schacht 1 der Schacht 4 geteuft und 1903 nach Anschluss an die 6. Sohle (613 m) in Betrieb genommen. 1902 kamen neben Schacht 3 Schacht 5 und 1909 neben Schacht 2 Schacht 6 hinzu. Außerdem war geplant, mitten im Waldgebiet Emscherbruch eine weitere Doppelschachtanlage zu errichten. Ab 1910 wurden dort die Schächte 7 und 8 niedergebracht. Allerdings konnte die neue Schachtanlage nicht vollständig fertiggestellt werden, da die Arbeiten am Schacht 8 um 1911 unterbrochen werden mussten. Es waren im Grubenfeld der Zeche somit vier Schachtanlagen vorhanden: Graf Bismarck 1/4, Graf Bismarck 2/6, Graf Bismarck 3/5 und Graf Bismarck 7/8. Da sie als selbstständige Förderanlagen betrieben wurden, sind sie im dienstlichen Schriftgebrauch mit der Nummer des jeweils ältesten Schachtes bezeichnet worden. Die Anlage 1/4 nannte man nun "Graf Bismarck I", Schacht 2/6 "Graf Bismarck II", 3/5 "Graf Bismarck III" und die Anlage 7/8 "Graf Bismarck VII".

1913 wurde nahe der Schachtanlage I eine Kokerei in Betrieb genommen und im folgenden Jahr erhielt die Zeche Graf Bismarck einen eigenen Hafen am neu eröffneten Rhein-Herne-Kanal. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Schachtanlagen weiter ausgebaut. Die Teufarbeiten am Schacht 8 setzte man 1920 fort, so dass dieser nach drei Jahren in Betrieb gehen konnte und die Schachtanlage VII als Förderstandort mit Gleisanschluss komplett fertig war. Zudem wurde 1924/26 mit dem Förderschacht 9 ein dritter Schacht auf der Anlage II niedergebracht. Ab 1927 wurde die Deutsche Erdöl-AG neue Eigentümerin der Zeche Graf Bismarck, so dass die damalige Stilllegungswelle sowie die Weltwirtschaftskrise 1931 überstanden werden konnten. Im gleichen Jahr bildeten die Schachtanlagen II und III eine gemeinsame Werksdirektion, während die übrigen beiden Bismarck-Anlagen weiterhin selbstständig förderten.

Nachdem noch die Zeche Graf Bismarck 1943 ihre höchste Jahresfördermenge mit über 3 Millionen t Kohle erreichte, erlitten die Tagesanlagen, wie bei vielen anderen Ruhrzechen auch, schwere Kriegsschäden durch Luftangriffe. Am schwersten traf es die Schachtanlage VII und die Kokerei am Schacht 1/4. Erst 1949 konnten die Schäden behoben werden, so dass die Zeche wieder ihren regulären Betrieb aufnahm. Die Kokerei wurde zu Beginn der 50er Jahre sogar komplett neu gebaut und mit etwa 210 Öfen war sie deutlich größer als ihre Vorgängerin. Im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen war beschlossen worden, die einzelnen Bismarck-Schachtanlagen in einen Betrieb als Verbundbergwerk umzustellen. Der erste Schritt hierbei war 1951 das Abteufen des Wetterschachtes 10 östlich von Erle. Ab 1957 wurde die Schachtanlage 2/6/9 umfangreich modernisiert und der Schacht 9 zum Zentralförderschacht mit vollautomatischen Gefäßförderungen ausgebaut. Das neu errichtete Doppelbockgerüst über Schacht 9 war dem berühmten Schacht Zollverein 12 als Vorbild nachempfunden. Zudem waren neue Hochleistungs-Kohlekraftwerke am Schacht 2/6/9 und am Zechenhafen in Betrieb gegangen. Mit der Zentralisierung der Kohleförderung auf den Schacht 9 wurden die Schachtanlagen 1/4 und 3/5 als Förderanlagen stillgelegt. Sie dienten fortan nur noch für Personen- und Materialtransporte, lediglich die Anlage 7/8 blieb noch als zweiter, kleinerer Förderstandort erhalten. 1959 wurde noch in 1170 m Tiefe die 11. Sohle angesetzt. Bei einer durchschnittlichen Fördermenge von 2,5 Millionen t und knapp 7000 Mann Belegschaft war Graf Bismarck somit eine der produktivsten Zechen im gesamten Ruhrrevier und einer der größten Arbeitgeber in Gelsenkirchen.

Völlig unerwartet kam im Februar 1966 der Stilllegungsbeschluss für die Zeche Graf Bismarck. Angeblich stellte sie für die Deutsche Erdöl-AG, trotz ausreichender Kohlereserven, den Bereich mit dem am wenigsten einbringenden Gewinn dar. Der Beschluss erregte großes Aufsehen; mit ihr wurde die zeitgleich einsetzende Bergbaukrise der Bevölkerung erst bewusst. Es kam zu massiven und medienwirksamen Protesten, die teilweise sogar Auswirkungen auf die Politik hatten. All diese Aufstände konnten jedoch nicht verhindern, dass die Zeche Graf Bismarck am 30. September 1966 endgültig geschlossen wurde. Somit dürfte diese Stilllegung ohne Zweifel als eine der spektakulärsten und umstrittendsten in der Geschichte des Ruhrbergbaus angesehen werden. Bis 1967 wurden alle zehn Schächte verfüllt, im folgenden Jahr kam der Abriss sämtlicher Tagesanlagen. Während der letzten Tage der Zeche drehte der Westdeutsche Rundfunk (WDR) einen Dokumentarfilm, der Filmgeschichte schrieb. Sein Name: "Der Untergang der Graf Bismarck". Die Namensgleichheit mit einem Film aus den 50er Jahren lag nahe: An den Untergang des "Schlachtschiffs" des Ruhrbergbaus hat 1966 auch niemand glauben können...
Als letzte Bereiche von Graf Bismarck blieben bis 1973 noch die Kokerei und das Kraftwerk zusammen mit dem Hafen am Rhein-Herne-Kanal in Betrieb, danach sind sie ebenfalls komplett abgerissen worden.

Die Aufgabe des Förderstandortes Graf Bismarck bedeutete aber noch nicht das Ende des Bergbaus in Erle. Denn paradoxerweise wurde bereits 1968 von der neu gegründeten Ruhrkohle AG (RAG) ein tieferer Neuaufschluss des Grubenfeldes geplant. Der Plan sah vor, dass die unter den alten Grubenbauen anstehenden Flöze von den benachbarten Zechen Nordstern, Consolidation, Ewald und Hugo abgebaut werden sollten. Hierzu wurde 1971 der Schacht Graf Bismarck 10 von der Zeche Ewald übernommen und aufgewältigt, so dass dieser ab 1974 als "Schacht Emschermulde 1" wieder zur Seilfahrt und Bewetterung in Betrieb ging. Außerdem teufte man 1973/74 auf dem alten Zechengelände Graf Bismarck 2/6/9 den Wetterschacht Emschermulde 2 ab. Dieser wurden den Zechen Nordstern, Hugo und Consolidation zur Verbesserung der Belüftung im Abbaubetrieb zugewiesen und hatte damit eine Funktion als "Wetterstützpunkt". Somit konnten im Grubenfeld der Zeche Graf Bismarck noch über drei Jahrzehnte lang Steinkohlen abgebaut werden. Erst mit der Stilllegung der Zechen Ewald und Hugo im Jahr 2000 endete der Kohlenbergbau im Bismarck-Feld endgültig.

Auf der Schachtanlage Graf Bismarck 1/4 blieb die ehemalige Kaue, ein architektonisches Glanzstück von 1905, von der Abrissbirne verschont. Große Flach- und Rundbogenfenster gliedern die Fassaden, weiße Putzflächen und rotes Ziegelmauerwerk sorgen für ein abwechslungsreiches Bild. Ein Eckturm mit geschwungener Haube und ein in gleicher Weise gestalteter Giebel setzen einen weiteren markanten architektonischen Akzent. Das Sozialwerk St. Georg, das auf der Zeche in den alten und neuen Gebäuden behinderte Menschen betreut, hat in der Kaue ein Bürger-Begegnungszentrum eingerichtet. Hier finden auch Theateraufführungen, Lesungen, Konzerte und Ausstellungen statt. Auch das ca. 80 Hektar große Gelände von Kraftwerk, Kokerei und Verladehafen am Rhein-Herne-Kanal wird nach jahrzehntelangem Brachliegen aktuell zu einem neuen Stadtquartier mit dem Hafenbecken als Mittelpunkt entwickelt, unter dem Motto "Wohnen und Arbeiten am Wasser".
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