... allerdings, am Ausgang des Tunnels nicht mehr so recht. Im Tunnel hatte ich einen (kleinen) Unfall bzw. Umfall.
Was war passiert?
Wir befinden uns auf dem Rückweg einer Levada-Wanderung. Die Wasserrinne der Levada verläuft rechts der Mauer. Links ist der Service-Pfad, der von Wanderern genutzt wird. Der Tunnel ist etwa 150 - 200 m lang, roh in den Fels geschlagen und ohne Beleuchtung. Nach 10 bis 20 m ist es so dunkel, dass man nichts mehr erkennt, als nur noch das Licht an beiden Enden des Tunnels.
Wir waren auf die Situation gut vorbereitet. Feste Schuhe, meine Frau ging vorweg mit einer Taschenlampe. Ich hatte ein Headlight. Etwa in der Mitte des Tunnels hatte sich eine Wasserlache gebildet, deren Tiefe man nicht erkennen konnte. 1 cm, 5 oder 10 cm?
Ich wollte meine Schuhe nicht unnötig nass machen. Da entdeckte ich auf der linken Seite einen kleinen Felsen, der aus dem Wasser herausragte. Ich dachte mir, du nimmst einen Anlauf, springst auf den Felsen und hast nach einem weiteren Sprung die Wasserlache überwunden. Gedacht, getan. Was ich nicht sehen konnte, war der Umstand, dass der Fels im weichen Schlamm lag.
Innerhalb der nächsten Sekunde passierte dann folgendes. Als ich auf den Fels sprang, sackte dieser 30 cm nach unten. Ich kam in Schräglage, versuchte durch einen weiteren Schritt das Gleichgewicht zu halten. Das rechte Bein befand sich aber 30 cm höher auf festem Untergrund (Fels) und war für einen weiteren Schritt zu lang. Ich strauchelte und bemerkte wie sich mein aufrechter Gang urplötzlich in eine waagerechte Körperhaltung verwandelte. Ich fiel hin, versuchte aber mit dem linken Arm den Aufprall abzufangen. Der Arm versackte im Schlamm, aber am Grund befanden sich scharfkantige Felsen, die mir zwei Schnitte in der Hand zufügten. Das linke Bein landete weich im Schlamm. Das rechte Bein musste die größte Last abfangen. Das Knie, genauer die Kniescheibe und der Schienbeinkopf, knallten hart auf den felsigen Pfad. Die Hose war durch und ich spürte sofort, dass der Aufprall am Knie nicht so gut war. Und der rechte Arm? Ein guter Fotograf rettet zuerst die Kamera und erst dann sein Leben! :-) Ich hatte die Kamera hoch gehalten, damit sie nicht in den Dreck fällt. Dadurch blieb die rechte Hand heil, aber die Kamera viel trotzdem zu Boden, blieb aber ebenfalls heil.
Nach dieser Unfallsekunde brauchte ich eine weitere Sekunde, um zu registrieren, was gerade passiert war. Ich konnte nicht glauben, dass mir so etwas passiert, wo ich doch sonst über Stock und Stein hüpfe. Mit mir selbst unzufrieden, dass ich diesen Umfall nicht verhindern konnte, folgte dann der automatische Aufschrei "Schei*e!". Verstärkt durch die Tunnelwände muss der Aufschrei ganz fürchterlich durch die Täler Madeiras gehallt sein :-)
Meine Frau, die gut 10 m vor mir lief, drehte sich herum und sah nur mein Headlight am Boden. Sie dachte, ich hätte es fallen gelassen und deshalb so geflucht. Dabei lag ich mit dem Headlight auf der Stirn am Boden. Und es war wohl eher so, dass das Headlight hat mich zu Boden gerissen hat. :-)
Ich war fast vollständig mit Schlamm bedeckt. Deshalb übergab ich meiner Frau als Erstes die Kamera, bevor die noch ganz schmutzig werden sollte. Dann gingen wir zum Ausgang des Tunnels, um bei Tageslicht die Lage zu checken. Dort machte gerade eine deutsche Familie Picknick. Als ich aus dem Tunnel trat, zeigte das Mädchen mit dem Finger auf mich und rief entsetzt "Iiiiiieh, wie sieht denn der Mann aus?". Danke, nun wusste ich auch ohne Spiegel, wie fürchterlich ich aussah!
Nun begann eine lange Reinigungsprozedur. Zum Glück hatten wir das saubere Wasser der Levada. Nachdem ich meine Wunden gereinigt und begutachtet hatte, legte ich die Kleidung ab. Nur mit einer Unterhose bekleidet stand ich mit den Füßen in der Levada und reinigte die Schuhe, die Kleidung und die Kamera. Die Dorfbewohner am Ende der Levada mögen mir verzeihen, dass bei ihnen an diesem Tag nur eine schwarze Brühe ankam.
Nachdem ich die nassen Klamotten wieder angezogen hatte, mussten wir noch einige Kilometer zum Auto zurückgehen. Die Schnitte an der Hand waren tief, aber es waren weder Sehnen noch Bänder verletzt. Schlimmer war das Knie. Ich konnte zwar laufen, aber das Knie nur noch in einem kleinen Winkel bewegen, und der Weg war kein Spaziergang. Zurück am Auto mussten wir die ganze Insel von Nord nach Süd durchqueren, um zum Hotel zu gelangen. Auf Madeira bedeutet das, 1000 Kurven, bergauf, bergab, 1000mal schalten, Gas geben, bremsen und ständig lenken. Irgendwie habe ich das hinbekommen.
Aber meine größte Sorge war, dass nun der aktive Urlaub mit Fußmärschen und Wandern zu Ende sein könnte. Am nächsten Tag bin ich ins Krankenhaus und wurde ambulant behandelt. Solche Einblicke hat sonst nicht jeder Touri, und eigenlich könnte ich darüber eine weitere Geschichte erzählen. Das Knie war dick geschwollen und ich konnte es nur noch 20° bewegen. Zum Glück hatten wir die wichtigsten und schwierigsten Touren bereits hinter uns. Nach einem Ruhetag in der Hotelanlage konnten wir dann mit Einschränkungen weitere Touren unternehmen. Die Bilder von Curral das Freiras und vom Pico Arieiro gibt's in den nächsten Tagen. Mittlerweile ist alles wieder gut verheilt und ich habe keine dauerhaften Schäden behalten. Und der Urlaub war trotz allem einfach toll!