Vortrag von Eugen Macko, am 16.06.2016 in „Eine Welthaus“. Veranstalter: Esperanto Klub München.

Was könnte die Europäische Union aus der Geschichte des Vielvölkerstaates der Habsburgermonarchie lernen



Interdisziplinäre Betrachtung des Problems, aus dem Inter-Völkischen Bereich, Inter der Philosophie, Geschichte, Politik, Soziologie, und Sozialpsychologie.


IV. Teil der Vortragreihe : Zusammenbruch der Habsburgermonarchie

1.- Durch die klassische Kultur zu Nationen emanzipierte Völker, strebten zu Unabhängigkeit. Zuerst noch nur zu Ausgleich, nach der Muster von Ungarn innerhalb der Habsburger Monarchie. Dann wurden die politischen Kräfte immer stärker, die auch die völlige Selbstständigkeit verlangten.

Die Kroaten haben statt nur dem dualistischen Ausgleich Österreich-Ungarn, die Dreiteilung der Staatsgewalt vorgeschlagen. Die Ungarn haben sich zuerst zugeneigt dafür gezeigt, die Änderung mit den Kroaten durchzuführen. Dabei wollten die Kroaten auch die Slowaken einbeziehen. Die Ungarn akzeptierten aber die Unabhängigkeit der Slowakei nicht mehr, mit der Begründung, dass Slowakei schon Jahrhunderte ein Teil des ungarischen Staates war.

Andere Vorschlagsvariante kam von den Tschechen, nach dem Prinzip des Austroslawismus, mit der Anlehnung an Slawophilen Ideen, die Monarchie umzugestalten. Nach diesem sollte nicht nur ein Dualismus oder Trialismus, sondern ein Föderal-demokratischer Staat entstehen, wobei folglich die slawische Mehrheit, demokratisch die Macht hätte haben können.

Dabei hätten auch alle anderen Nationen miteinbezogen sein sollen. Diese vernünftig und fortschrittlich klingende, aber Offensichtlich noch geschichtlich zu unreife Variante, unterstützten auch die österreichischen Sozialdemokraten. In den nationalistischen wirr-war dieser Zeit, ein solcher Vorschlag, hat aber keine Chancen gehabt, um überhaupt gehört zu werden.



2.- Diese Erneuerungsversuche scheiterten hauptsächlich am Widerstand der Ungarn, welche eine restriktive magyarisierungs (hungarisierungs) Politik durchführen wollten, nach dem die ungarische Sprache anderen Nationen aufgezwungen werden sollte.

Obwohl politisch offiziell in Österreich-Ungarn, schon die Demokratie herrschen sollte, im ungarischen Parlament, wurde ein Gesetz erlassen, dass alle Staatsbürger in Ungarn die ungarische Sprache zu erlernen hätten müssen.

Der slowakische Politiker Miloslav Hodza hat darauf so reagiert: „Die magyarisierung der Slawen sei ein fragwürdiges Attentat auf die ganze europäische drei brüderliche romanisch-germanisch-slawische Geschlechter Familie.“

In diesen Verhältnissen steht die ganze Schwere des Völkischen Gegensatzes dieser Zeit. Einerseits, die Ungerechtigkeit der Ungarn, gegenüber den anderen Völkern, andererseits die übertriebene Reaktionen gegenüber den Ungarn.

Die Ungarn hatten auch schon vorher panische Angst von Pangermanismus und Panslawismus, oder auch vom Panromanismus gehabt. Somit, solange sie die Macht in ihren Einflussbereich hatten, versuchten sie die deutsche und rumänische Minderheiten und die slawische Mehrheit in ihre Umgebung zu unterdrücken.

Als dann die Geschichte, ihre Epoche machende Wende nahm und unter Kriegsergebnis die Situation sich änderte, die Herrschaftsverhältnisse drehten sich um, und nun die von ehemals Ungarn abgespaltene ungarische Minderheit, wurde mit vielseitiger politischer Einverständnis rachsüchtig rückwirkend unterdrückt.

Die Unterdrückung von den ungarischen Minderheiten in den zerspaltenen ehemaligen Ungarischen Ländern, hat dann die Welt bis jetzt wenig Verständnis und Mitleid eingebracht, wenn die Ereignisse aus dieser Zeit der Jahrhundertwende, (19. auf 20.) vergegenwärtigt und daran erinnert wird.



3.- Irrationale Behauptungen, subjektiv halbwissenschaftlich Kultur-soziologische Interpretationen, beherrschten die politischen Szenarios dieser Zeit der Jahrhundertwende. Es war Fortschrittlich Zeitgemäß und Heroisch die Überlegenheit des jeweiligen eigenen Volkes zu demonstrieren, auch ohne jeden objektiven Hintergrund.

Z. B. : Abgesehen davon, dass das sog. „nationale Wesen“ nach dem klassischen Idealismus, in der Wirklichkeit überhaupt nicht existieren konnte, wurden darauf Staatstragende Idealistische Entwürfe konstruiert, welche mit der Realität nichts mehr zu tun gehabt haben konnten.

Ein kleines Beispiel: Soziologische Bevölkerungsuntersuchungen haben gezeigt, dass z.B. die Bewohner von Budapest Großteils, 1/3 Slowakischer, 1/3 Deutscher und nur 1/3 ungarischer Abstammung sind. (Also nichts mit nur ungarisch-oder ein anderes „nationales Wesen“.)

Wobei was heißt hier die Idee des „nationalen Wesens“, geschichtlich tiefer und weiter zurück, in der Realität? Z.B.: Die sog. Ungarn waren schon damals als sie in den Karpatenbecken eingedrungen sind nicht ein homogenes Ganzes, und dann haben sich noch Jahrhunderte lang mit allen sie umgebenden Völkern vermischt. Genuntersuchungen von den Knochen den Ur-Ungarn haben gezeigt dass nur 5% der auch bei den Genen der jetzigen durchschnitt Ungar zu finden sind.

Aber, nicht viel anders ist es auch mit den anderen Völkern. Z.B., in Wien, ist es nur etwas anders verschoben. Es sind reichlich die verschiedensten Volks Element zu finden. Das Slawische ist in den reichsten Umfang. (Tschechisch, Slowakisch, Kroatisch, Slowenisch, welche sich dann mit der deutsche Sprache verständigt haben.) Und gibt es ja auch noch das Deutsche, wie auch in anderen Ländern, nicht nur in Deutschland.

Vergessen wir aber auch nicht die Türken, welche Ungarn c. a. 150 Jahre beherrschten und dann, auch schon vor Wien standen. Dass sie diesen auch nicht erobert haben, ist es einem Polnischen Heer zu verdanken, der im letzten Moment zu Rettung kam und die Türken zum Rückzug zwang.



4.- Die Phantasie der anderen Völker blieb auch nicht aus. Im romantischen Styl der Zeit, brachten auch die anderen ihre „wissenschaftlichen Beweise“, ihrer eigenen Überlegenheit und Besonderheit. Bücher, Dramen, Zeitungsartikel sind geschrieben worden. Oper und Hymnen wurden komponiert, von national intellektuellen und später hochgehaltenen, vom jeweiligen Volk, national verehrten Persönlichkeiten.

Die deutsch-Österreichische Nationalisten, haben natürlich von ihren deutschen Nachbarn, die romantisch-mythologische Vorstellungen der Überlegenheit des deutschen Volkes direkt übernommen. Theorien welche schon einige Jahrhunderte gegenüber dem Römischen Imperium und später mit der Volksrommantik auch gegen den Christentum sich bildeten.

Die Rumänen haben sich als die direkt Übriggebliebenen Nachkommen des glorreichen Römischen Reiches verstehen wollen, welche Verbindung ihnen aber durch die Geschichte, wegen Überlagerung der Herrschaft von verschiedenen anderen Völkern immer mehr verloren gegangen ist. Jetzt sollte die Zeit des Nationalen Bewusstseins gekommen sein, um ihre traditionelle Prädestiniert sein für die Herrschaft wieder zu erfahren.

Die Kroaten haben sich als unmittelbare Nachkommen den alten Illyrer gehalten, ein von den ältesten Volkes auf dem Balkan und damit für sich bei Völkergemeinschaft in Österreich und auch der slawischen Mehrheit, einen besonderen Platz zu beanspruchen.

Die Serben haben ihrerseits besondere Behauptungen ins Feld bringen können. Sie haben als Hüter des Orthodoxen Christentums (von Chiril und Method) und damit des Slawentums überhaupt präsentieren können. Besonderer Stolz erfüllte die Serben, dass sie sich auf das Urterritorium vom „Alt Europa“ befanden und dass, sie diese Gebiete vom Islam der Türken mit „Feuer und Blut“ Jahrhunderte lang, bis zu ihrer Vertreibung verteidigt haben.

Die Slowakische Romantik wollte beweisen, dass sie als ältestes slawisches Volk, friedlich in eine geordnete Bauergesellschaft, die Felder auf der Ebene von Pannon bearbeitet haben und erst im 9-ten J. h. von den eingedrungenen barbarischen Ungarn unterjocht wurden.

Die Tschechen haben sich wiederum als Avantgarde und geistige Elite der westeuropäisch orientierten Slawen verstanden. 1848 in Prag wurde das erste Panslawische Konferenz gehalten, wobei Russland als mächtige, aber auch der einzige selbstständig slawische Staat dahinter stehen sollte.



5.- Zur Dialektik der Ironie dieser Zeit gehörte, dass die Panbewegungen, welche im Grunde ein Zusammenschluss von verschiedenen Völkern sein sollten, d.h. vom etwas Inter-Völkischem getragen werden sollten, konnten sich gleichzeitig nur mit Nationalisierungen entfalten, in eine besondere Synthese mit Rassismus. Wobei jedem Pan-ismus ein Gegensatz, zu einer anderen vereinigten Gruppe entsprechen musste.

Panslawismus und Pangermanismus, die zwei frontal gegeneinander prallende Bewegungen der nationalisierten Völkergemeinschaften, waren Paradebeispiele für europäische Trennung des Zusammenschlusses. Gemeinsam war für beide, ihre ideologische Grundlage, aus dem griechischen Wurzeln stammender europäischer Idealismus, welche sich nach außen, im globalen Gegensatz, als gemeinsamer Rassismus äußerte.

Was ist dann aus den Panbewegungen geworden? Pangermanismus mündete in zwei sog. Weltkriege, wo millionen Germanen sich gegenseitig umgebracht haben. Im „besten Fall“ für die „gegenseitige Freundschaft“ haben sich die Rassisten getroffen, welche dann im gemeinsamen Einverständnis, bis jetzt, das größte Verbrechen der Menschheit, gegen die Juden verübt haben.

Die Panslawistische Vision von Herder ist auch nicht eingetroffen. Das bis zum 19ten J. h. unterdrückte Slawische Volk erhob sich zwar mit ihrem Fleiß und Arbeit, zuerst mit der revolutionären Ambition den sozialen System der Ausbeutung weltweit ein Ende zu setzen. Wie aber schon vorher, die soziale Revolutionen, endete diese auch, mit morden und Vergewaltigungen von millionen unschuldigen Opfern.

Anschließend etablierte sich dann eine Diktatur, unter der Führung der Herrscher, aus dem stärksten slawischen Volk. Erst nach dem Zusammenbruch des willkürlich eingesetzten Systems, konnten die verschiedenen slawischen Völker, sich von der aufgesetzten Diktatur, des einen slawischen Volkes befreien. Zum Teil doch noch friedlich, (was dann doch noch, als den Hang zum tieferen Friedfertigkeit der Slawen verstanden werden könnte).

Allerdings, wie gesagt, ausnahmen machen den Regel. In Jugoslawien, slawische Völker mordeten sich gegenseitig. Und, nun leider, müssen wir abwarten, was für Erfahrungen folgen aus dem slawischen Konflikt in der Ukraine mit den Russen. Toten, gibt es da auch schon genug, nach der nicht mehr friedlichen Auseinandersetzung der Interessen.



6.- Die Pan-ismen sind altgriechisch klassische Vorstellungen die Welt allumfassend wissentlich begreifen und beherrschen zu wollen, welche sich dann in der Realität jedesmal als trügerisch und wissenschaftlich unmöglich erwies. Das Problem war dann nicht der „Versuch der Vereinigung“, sondern das „nicht- sein-lassen-können-den-anderen“, auch nach den gegensätzlichen Erfahrungen, welche bis in unsere Tage störrische Gegensätze verursacht und zurücklässt.

Zum Glück in der griechischen Philosophie gab es nicht nur ideologische Überzeugungen, sondern auch die Vernunft, was dann immer wieder fähig war, sich von den Ideologien zu befreien und neue Wege zu suchen.

Ein relatives Glück der geschichtlichen Entwicklung, dass nach dem Nationalismus und Nationalsozialismus, die sozialistische Internationale als nächste dialektische Stufe einsetzte. Die soziale Erlösung brachte zwar dieser Sprung auch nicht, wie theoretisch erhofft war, verhinderte aber den geschichtlichen Rückfall in den primitiven Barbarismus, als noch Völker von der Erdoberfläche ausgelöscht und verschwunden waren.

Allerdings, nach den nazistischen Theorien und Praktiken war, wie unglaublich es auch für zivilisierte Menschen heutzutage klingt, sogar diese Variante wieder real angesetzt, um nach der alte barbarische Methode, Völker auszurotten. Es wurden ganze Volksgruppen von ihrer angestammten Heimat deportiert, transportiert und ermordet.

Das dialogische Christentum, sowie auch andere Glaubens-Gemeinschaften, befanden sich zwar immer im Hintergrund, welche dann den aggressiven Barbaren letztlich dann doch, auch verziehen und denen die Kehre ermöglicht haben. Sonst wären auch in der Neuzeit, sogar bis zum 20.-sten J. h. einige Völker aus der gegenwärtigen Geschichte, per Rache verschwunden. Das Christentum hat sich aber, von seinem Wesen her, nicht mit der Gewalt entgegensetzen können, sondern immer wieder versuchte den friedlichen Ausgleich zu schaffen.



7.- Entwicklungsgeschichtlich zurückgebliebene Imperien so wie, z.B. die Habsburger Monarchie und der Zaristische Russland, weil sie die Weltgeschichtliche Bedeutung der bürgerlichen Revolution in Frankreich nicht verstanden und rechtzeitig akzeptieren konnten, kostete ihre Existenz. Gleichzeitig ist ihr Zerfall an der Wende zum 20.sten J. h. angegangen und der Erste Weltkrieg gab den Rest.

Der Vielvölkerstaat der Habsburgermonarchie konnte mit der Welle der Nationalismus und der bürgerlichen Demokratie, welche aus Frankreich überschwappten, nichts anfangen. Die Österreich-Ungarische Doppelmonarchie als Vielvölkerstaat schwächte durch die verschiedene nationalen Interessen immer mehr ab. Somit auch den angezettelten Krieg in diesem Zustand verständlicher Weise verlieren mussten.

Die Situation in Russland war ähnlich. Die feudalistisch zurückgebliebene Monarchie wurde von der revolutionären Demokratie genau so überrascht. Im Krieg geschwächten Staat, haben dann die Bolschewiki, Berufsrevolutionäre die Gelegenheit ergriffen, ein Teil des Gewaltbereichen Volkes hinter sich reihen zu können und gewaltvoll, blutig (wie in Frankreich 1789) in der sog. „große Oktober Revolution“ 1917 die Monarchie zu zerstören.

Der Sturz der Monarchie in Russland und dass, was nach der Oktoberrevolution kam, hat dann auch Weltgeschichtliche Bedeutung bekommen. Mit revolutionären Schwung und Diktatur des Proletariates wurde versucht die Zurückgebliebenheit der russischen Gesellschaft einzuholen und Etappen der evolutionären Entwicklungsprozesse, dialektisch zu überspringen, indem vom Feudalismus ohne die bürgerliche Periode, direkt in den Sozialismus hätten gelangen sollen.

Dabei entstanden für Russland spezifische Besonderheiten, der gesellschaftlichen Entwicklung, welche dann später auch die Sowjetunion bezeichneten, im Unterschied zu den Westeuropäischen Ländern.

Die Geistige Entwicklung und die Theorie für das revolutionäre Geschehen stammt International, aus mehreren besonders westeuropäischen Ländern her. Frankreich und Deutschland haben besonderen Anteil bei dem Entstehen dieser Theorien. Welche die Franzosen dann teilweise auch praktisch umgesetzt haben und konnten damit auch einige reale Erfahrungen liefern.

In Deutschland blieb es zuerst hauptsächlich bei der Theorie, welche aber an die Entwicklung der russischen Revolution bedeutenden Einfluss ausgeübt hat. Schon die Philosophie des deutschen Idealismus (Fichte, Schelling, Hegel) haben an die Russische Revolutionstheoretiker entscheidend beeinflusst. Bis dann die dialektische Methode über Marx und Engels, direkten Einfluss auf die Verwirklichung der revolutionären Praxis in der Sowjetunion hatte.



8.- Die konkrete Ausführung der revolutionären Praxis hat dann ihre Russisch-osteuropäische Prägung bekommen, welche geschichtlich tief in der orthodox-christlichen Religion wurzelt. Die Überzeugung über die ursprünglich richtig-wahre Christliche Religion gegenüber der „westeuropäischen Dekadenz“. Dieser Glaube lag so tief in der Seele des russischen Volkes, dass selbst über 70 Jahre dialektische Umdrehung zum Atheistischen Nihilismus, bis zum heutigen Tagen nicht verdrängen konnte.

Ja, selbst die russisch-revolutionäre Praxis wurde, wenn auch nach der vom Westen übernommenen dialektischen Methode umgedreht, aus die Tiefe die meisten Handlungen bestimmt. Sozialpsychologisch, (selbst in diesen Zeiten noch nicht existierende Wissenschaft) sind diese Verhaltensweisen erst nach der Überwindung der revolutionären Praxis und Doktrinen erkannt und in der Gegenwart erst verstanden worden.

Für Russland ganz spezifische Eigenschaften, welche in diese Zeit in diesem Sinne nur in Russland passieren konnten. Entscheidend war der Raum, das Weite und Größe des Landes mit feudalen Strukturen. In keinem anderen Westeuropäischen Land konnte es zu diesen Zuständen kommen.

Nirgendwo in Europa wurde so provokant, aber teilweise auch treffend gesagt, dass „die Kultur der Intellektuellen nur auf das Konto des arbeitenden Volkes entstehen kann“. Zwar wurde auch im Westen von der Dialektik der Arbeit und des Geistigen Tuns, von Hegel bis Marx philosophiert, aber dieser Gegensatz erschien nicht so eklatant in der Wirklichkeit, wie in der russischen Praxis.

Dass die materielle Basis der Gesellschaft, durch die Arbeit geschaffen wird, ist auch in Westen akzeptiert. Aber hier wurden auch die Intellektuellen, als erforderlicher Bestandteil jeder Gesellschaft akzeptiert. In der russischen Revolutionstheorie aber, sind sie eher als Schmarotzen dargestellt und gelegentlich sogar als Klassenfeind interpretiert worden.

Somit haben die Intellektuellen selbst ein schlechtes Gewissen bekommen und manchmal selbst die Notwendigkeit der eigenen Existenz bezweifelt. Entsprechend diesem Verständnis, haben sie dann später sogar aus eigener Überzeugung, bei der "Aufbau des Sozialismus" physische Arbeit leisten wollen und geleistet haben müssen.



9.- Tatsächlich wurde das Volk in der Zaristischen Monarchie Russlands extrem ausgenutzt. Geistiger Wiederstand hat sich zuerst aus Christlicher Überzeugung und bei den Angehörigen der höheren Klassen gemeldet. Die ersten bedeutenden Revolutionstheoretiker, sowie Dobroljubow oder Tschernyschewsky, waren beide Söhne von russisch-orthodoxen Priestern. Lenin selbst hatte adeligen Vater, somit war er kein Arbeiter-Bauer-Kind, für die er später als Revolutionär eifrig eingesetzt hat.

Die Wende bei den russischen Revolutionstheoretikern und später bei den Berufsrevolutionären war wesentlich Dialektisch. Jeder von ihnen hat sich ausgiebig mit Hegel und dann anschließend mit Marx beschäftigt. Man könnte daraus folgen, dass ohne diesen dialektischen Gegensatz, der gesetzt-gehassten Gegnern, die ganze Revolution gegenstandslos ins Nichts verlaufen wäre. So ins Nihilismus, wie die Revolutionäre, den bis dahin gesellschaftstragenden Glauben vertrieben haben.

Man könnte sagen, dass Teile der russischen "Intelligenz" politisch gegen sich selbst d.h. gegen die eigene Klassenzugehörigkeit gewendet hat und an der Seite der "Narodnikow", (Volkspartei) gegen den Herrschenden, ihre intellektuelle Potenz eingesetzt haben . (Es wäre eine interessante Sozialpsychologische Untersuchung, Antworten auf die Fragen versuchen zu geben; aus welcher Motivation haben sie dies getan.)

Es kann aber als sicher angenommen werden, dass das bewegende Grundmotiv der Glaube an etwas „Gerecht-gutes“ gewesen sein konnte. Helfen dem ausgebeuteten unterdrückt-leidenden Volk, wobei sogar das eigene Interesse und Persönlichkeit in Hintergrund gestellt wurde.

Das Problem hat sich dann erst gemeldet, als "der Glaube an das Gute" ausschließlich und alternativlos formuliert und mit Gewalt durchgesetzt wurde. Z.B. Lenin war fest überzeugt, dass was er macht, ist notwendig gut für die Befreiung des Unterdrückten Volkes. Dafür hat er seine eigene Existenz genau untergeordnet, wie er nicht gescheut hat, auch andere mit Gewalt zu zwingen, die von seiner Vorgehensweise nicht überzeugt waren.



10.- Es ist ein sozialpsychologisches Problem, kein politisch-gesellschaftliches, wie es damals und teilweise auch noch heute, von den dialektischen Kritikern, an der revolutionäre Praxis dieser Zeit, angenommen wird. Ein psychischer Mechanismus wirkt seit eh und je in den Herrschaftsstrukturen, bei den Macht ausübenden Personen und Gruppen, überall wo der Faktor „wandelbare Mensch“ bei politischen Entscheidungen mitspielen muss.

Dieser Faktor war entscheidend bei den Jahrhunderten gesetzten Herrschaftsformen der Habsburgermonarchie, genauso wie auch bei der Russischen Carmonarchien. In beiden Fällen wurde die Selbstsicherheit mächtig übertrieben und überschätzt. Zuerst noch wegen der gegenseitig versprochenen Hilfeleistungen. (Z.B.: Die Ungarische Nationalrevolution gegen die Habsburger, konnte noch nur mit der Hilfe Russlands niedergeschlagen werden.) Dann aber der erste Weltkrieg hat die beiden Monarchien bis zum Zerfallen abgeschwächt.

Die Medizin für diese Krankheiten, war und ist, die Demokratie.

Was man damals aber noch nicht dialogisch in ihre Bedeutung verstanden hat. Die revolutionäre Bewegung wurde dialektisch ausgelöst und man kämpfte auch nur dialektisch, gegen die Herrschaft, um wieder neue gegensätzliche Herrschaften einzurichten. Meistens wurde dieser Kampf noch viel grausamer, als das wogegen geführt war.

Die Revolutionsdialektik akzeptiert die Demokratie nicht. Bei ihr geht es um die Macht der Umwandlung und die Zerstörung des Vorherigen. Dafür reicht es wiederum nur die Taktik des Gegensatzes. Diesen Fall kann man sehr plausibel bei der russischen Revolution verfolgen. Von Lenin ab, durch Stalin, bis zu den nachfolgenden Herrschern der Sowjetunion. Die Wende hat sich erst bei Gorbatschow eingesetzt. Bei ihm hört man schon vom „neuen Denken“.



11.- Wenn wir versuchen aus der Dialektik der Gegensätze, dieser Zeit der Russischen Revolution, mit dem neuen Denken herauszutreten, und dialogisch das damals geschehene zu verstehen, eröffnet sich vor uns eine Sichtweise welche hier im Westen, erst in der Gegenwart aktuell geworden ist.

Könnte man sagen, dass in Russland, einige gesellschaftliche Verhältnisse schon damals angesprochen und herausgestellt worden sind, welche in den westlichen Gesellschaften so überhaupt nicht gezeigt haben konnten.

Durch die „Narodnikov“ und den russischen „Intellektuellen“ ist ein gesellschaftliches Verhältnis angesprochen worden, welche in den Westen in diesem Sinne gar nicht auffallen konnte. Weil hier fehlte dafür, was in Russland dazu half, die geografische weite und breite, des russischen Landes und die große Entfernungen der Städte, d.h. der Kulturzentren voneinander, um diese Phänomene wahrzunehmen.

Andererseits ist es auch ein Beweis, wie sehr für einige, die Menschheit allgemein betreffende Themen, globalen Übersicht und geschichtlich-zeitliche Erfahrung brauchen, um sie bewusst wahrzunehmen.

Tolstoi hat schon seinerzeit, auf der Seite der „Narodnikov“, auf die Notwendigkeit der menschlichen „Erdengebundenheit“ hingewiesen. Damals hat man diese Gedankengänge als östlich-ortodox abgetan. Erst in unsere Zeit, als sich die Notwendigkeit des Umweltschutzes gezeigt hat, erreichen diese Gedanken ihre Aktualität.



12.- Die Russische Revolution war ein riesen menschliches Experiment mit millionen von Opfern. Die, erst spät wahrgenommene Französische Revolution, in Russland wütete mit mehrfacher Zerstörungskraft, den Zarismus wegfegend.

In Frankreich nach dem Absturz der dekadenten Monarchie konnte die bis dann unterdrückte, aber gesellschaftlich zu Reife entwickeltes Bürgertum die Macht ohne besondere Anstrengung übernehmen.

In Russland traf die „siegreiche Revolution“ auf ein mittelalterlich zurückgebliebenes Gesellschaftstruktur, welche tiefe Eingriffe verlangte um sich an die neue Verhältnisse anzupassen.

Russland wollte dann das alles nach der Revolution, aus eigener Kraft, die jahrhuderte lange gesellschaftliche Zurückgebliebenheit in einem dialektischen Sprung überwinden und ohne die bürgerliche Periode, unmittelbar in Sozialismus und Kommunismus erreichen

Österreich-Ungarn war aus eigener Kraft nicht einmal fähig eine gesellschaftliche Revolution durchzuführen. Hier zerfiel die Monarchie ganz einfach durch den Krieg und den Nationalismus der Verschieden Völker. Das marode Gesellschaftsystem und damit jedes auch als positiv zu bewertende jahrhundertelange internationale Erfahrung, zerfiel.

Obwohl der Nationalismus war das entscheidende und stärkste Kraft der den Zerfall der Habsburgermonarchie verursacht hat, durch die Jahrhunderte entstand auch eine „Internationale Erfahrung“, welche in diesem Maße und Qualität, sonst nirgendwo in der Welt entstehen konnte.

Die Internationalität als Selbständiger Krafft konnte sich dann erst in den USA als schaffende gesellschaftliche Kraft entwickeln, sozusagen als „geistiger Exportware“, welche in diesem freiheitlichen neuen Land, ohne den Jahrhunderte mitgebrachten gesellschaftlichen Hemmungen sich weiterentwickeln konnte.

Dass nicht rechtzeitig wahrgenommene Wende zur bürgerlichen Gesellschaft und das Beharren wollen bei der Monarchie spielte auch in anderen Staaten eine Rolle, aber wie zu erfahren wahr, nicht sehr bedeutende. In den Staaten wo Nationalismus nur unbedeutenden Einfluss gehabt hat, die Monarchien habe sogar mit Konstitutionellen Reformen die Wende schaffen können.

Allerdins diesen Staaten, ist meistens die Erfahrung der Internationalität in diesem Masse, wie damals in Austria, ausgeblieben. Wie wichtig ist aber auch diese geschichtlich-gesellschaftliche Erfahrung, liefert uns die anschließende schnelle Entwicklung in den USA realen Beweis.

Dieser Qualität ist wieder in der Europa Union notwendig geworden um gesellschaftpolitisch weiterzukommen. Deshalb müssten wir hier in Europa das verwenden, was bei uns daraus noch übriggeblieben ist, besonders bei den Völkern des ehemaligen Habsburger reiches , mit dem Gelernten, und den Beweis aus der USA.



Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit





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