Ich persönlich habe zuerst die Bücher von Liselotte Welskopf - Henrich gelesen oder auch die Schlacht am "Little Bighorn", dazu noch Bücher über die Natur und Fauna sowie die Völker in den USA und Kanadas, also war ich schon vorbelastet mit der Realität. Dann las ich Karl May`s Bücher, sie waren spannend, gute Geschichten, aber halt doch realitätsfremd. Natürlich muss man da beachten, dass ich die Bücher über 80 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung gelesen habe, also eine ganz andere Zeit, mit zwei Weltkriegen dazwischen und enormen gesellschaftlichen Veränderungen.
Karl May ein Geschichtenerzähler, ein Missionar und Schwindler, er war alles davon.Ich glaube, seine Figuren sind ein Teil von sich selbst, er beschreibt sich selbst. Wie zum Beispiel der Halef in "Durch die Wüste", Halef ist ein Schwindler und Hochstapler, er will seinen Herrn von den Vorzügen des Islam überzeugen und nennt sich Hadschi, war aber nie in Mekka, also hat die Hadsch, die Pilgerfahrt, nie durchgeführt.Als Karl May seine Geschichten schrieb kannte er auch nicht den Wilden Westen und war auch nicht in Kurdistan.
Seine kriminelle Karriere begang klein, vielleicht auch geschuldet der Armut im Erzgebirge, es kamen Diebstahl und Hochstapelei dazu, die ihm insgesamt acht Jahre Gefängnis einbrachten.
Als Hochstapler erfindet er die Namen - Dr. Heilig, Seminarlehrer Lohse, Notenstecher Hermes, Polizeileutnant Wolframsdorf, die brachten ihn Gefängnis ein. Aber zwei Namen die er erfunden hat, bringen ihm Ruhm und einen Ruf, der ihn um mindestens ein Jahrhundert überlebt hat: Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi.
Ein Zeitgenosse nannte einmal Karl May ironisch eine Mischung aus Apostel Paulus und Veles Verne, nur der hat nicht behauptet, selbst zum Mond gefolgen zu sein oder das er persönlich zum Mittelpunkt der Erde gereist ist.
Die Leser der damaligen Zeit haben es ihm aber geglaubt, das Halef und Winnetou seine Freunde waren, er den Schut gejagt hat und Rih eine Sure des Korans ins Ohr geflüstert hat.
Deutschland in den beiden Jahrzehnten vor der Jahrhundertwende, das war die Zeit, um von einer Welt zu träumen, die es tatsächlich gab, sie aber zu kennen oder überhaupt die Möglichkeit zu haben sie kennenzulernen, dazu hatten nur die Wenigsten eine Chance.
Karl May hatte das richtige Talent zur richtigen Zeit.Er hätte der Hochstapelei gar nicht bedurft, er setzte seine erfundenen Figuren in die wirkliche Welt. Er stattete seine Figuren mit prägnanten und auch humorigen Eigenschaften aus, zumeist auch mit etwas sächsischer Mentalität. Seine Figuren sind so gut erfunden, das sie ein Jahrhundert überlebten.
Was sich in seinen Abenteuergeschichten immer gelangweilt überblättern ließ, seine versuchte Missionierung. In seinen Spätwerken war dies das Hauptthema, "Himmelsgedanken", von deren Existenz ohne Winnetou niemand was wüßte.Hier kommt wieder der Hochstapler hoch - Karl May hatte keine großen Gedanken über die Menschheit, aber sehr schön zu lesende Geschichten für Menschen.