Paris - Tibet-Demonstranten haben beim Olympischen Fackellauf in Paris einen Abbruch erzwungen und somit für einen historisch beispiellosen Zwischenfall gesorgt.

Nach chaotischen Zuständen und zahlreichen Protesten gegen Chinas Tibet-Politik beim

Fackellauf durch die französische Hauptstadt brach Bürgermeister Bertrand Delanoe den Lauf ab.

Die Fackel absolvierte ihre letzten Kilometer vom Rathaus zum Charlety-Stadion im Süden der Stadt im Bus.

Zuvor hatte der Bürgermeister bereits die feierliche Zeremonie vor dem Rathaus abgesagt. Diese Entscheidung sei auf Anfrage chinesischer Offizieller gefallen, hieß es in Paris.

Aus "technischen Gründen"

"Es war die chinesische Delegation, die es ablehnte, dass die Flamme vor dem Rathaus Station macht. Ich habe darauf reagiert", sagte Delanoe.

Bernard Laporte, französischer Staatssekretär für Sport, bezeichnete die Vorfälle unterdessen als "nicht sehr gute Sache für das Image Frankreichs."

Gleich dreimal musste die Flamme auf der ursprünglich auf 28 km angesetzten Route durch Paris aus Sicherheitsgründen gelöscht werden, als der Lauf wegen Demonstrationen gegen Chinas Tibet-Politik unterbrochen werden musste.

Die Flamme sei bei den Unterbrechungen aus "technischen Gründen" jeweils gelöscht und anschließend durch das "Mutterfeuer" im Begleitbus wieder entzündet worden, teilte die französische Polizei mit.

Fünf Verhaftungen

Mehr als 3000 Polizisten waren insgesamt zum Schutz des längsten Fackellaufs der Geschichte im Einsatz, den olympischen Stillstand konnten aber auch sie nicht verhindern.

Immer wieder mussten sie Protestler, die teilweise versuchten, die Flamme mit Feuerlöschern auszumachen, von den Straßen tragen.

Auf Motorrädern und Inline-Skates versuchten die Sicherheitskräfte, die Läufer abzuschirmen. Zunächst fünf Personen wurden verhaftet.

Abgeordnete demonstrieren

Im Bus erreichte die Fackel auch die Champs-Elysees, wo zahlreiche Protestler buhten und pfiffen, als die Läufer die Prachtsraße passierten.

Mitglieder der Grünen Partei und der Organisation Reporter ohne Grenzen ließen die tibetische Flagge sowie ein schwarzes Banner mit den Olympischen Ringen in Form von Handschellen von Eiffelturm und Rathaus herab.

Die Nationalversammlung unterbrach ihre Sitzung, als der Fackellauf passierte. Etwa 40 Abgeordnete demonstrierten mit "Freiheit für Tibet"-Rufen und stimmten die Nationalhymne an.

Auch in London Zwischenfälle

Paris war die letzte europäische Station. Von dort aus geht es weiter nach San Francisco.

Bereits am Montag bekundeten Protestler mit einer Kletteraktion auf der weltberühmten Golden Gate Bridge in San Francisco ihre Solidarität mit Tibet. Die drei Unbekannten kletterten auf die Träger der Brücke und enthüllten ein riesiges Banner mit dem etwas abgewandelten Motto der olympischen Spiele in Peking: "Eine Welt, ein Traum: Freiheit für Tibet" als Botschaft.

Am 4. Mai soll das Feuer über Hongkong und Macao wieder chinesischen Boden erreichen.

Bereits am Sonntag war es in London, Olympia-Gastgeber 2012, zu mehreren Zwischenfällen während des Fackellaufs gekommen.

Die Polizei verhaftete insgesamt 35 Demonstranten gegen die Menschenrechtsverletzungen in China und dessen Tibet-Politik.

Zensierte Bilder für IOC-Mitglieder

Ein Olympia-Sprecher verurteilte die Zwischenfälle als "Sabotage" und "gravierende Verletzung des Olympischen Geistes". Tibet-Aktivisten hatten mehrfach versucht, den Läufern die Flamme zu entreißen und sie zu löschen.

Selbst die IOC-Mitglieder und Vertreter der Nationalen Olympischen Komitees, die in dieser Woche in Peking tagen, bekamen diese Bilder nur zensiert zu sehen.

Als am Sonntag die BBC von den Demonstrationen in London berichtete, gingen die TV-Geräte in den Zimmern des IOC-Hotels "China World" aus.