Nachdem ich am Wochenende eine Tanzveranstaltung besuchen konnte/durfte/musste, scheint es mir der richtige Zeipunkt für einige Überlegungen.

Usprung von Musik und Tanz
Ich war ja nicht dabei und kann deshalb nur Theorien wiedergeben...

Wikipedia erzählt uns, dass es in manchen afrikanischen Sprachen nur ein Wort swowohl für Tanz als auch Musik gibt.
Bayern 2 (für alle Ausserbayern [soll's ja geben]: ein Radiosender) erzählt uns, dass die Ursprünge der Musik in einer Synchronisation liegen. Die Leute damals haben irgendwelche Menhire aufgestellt oder Netze mit fettem Fischfang (es lebe die Alliteration) aus dem Wasser gezogen und sich dabei abgestimmt durch rhythmische Rufe - heute würde das wohl Zuuuuu-gleich, Zuuuu-gleich ........oder Hau-ruck, Hau-ruck sein.

Wie sich aus dem stonehengebauenden hau-ruck ein dreivierteltaktendes hau-ruck-ruck entwickelte, ist leider nicht überliefert.

Also gehen wir im weiteren mal davon aus, dass Musik und Tanz dazu dienten, die Gruppe zu einen und zu synchronisieren (Deutschlandfunk: "Das frühe gemeinsame Musizieren hat vor allem Gruppenbindungsqualitäten, also dass wir etwas zusammen machen: Koordination von Bewegungen, Koordination von Arbeitsabläufen, [...]")

Tanz-Vollzug im 21. Jahrhundert
Unterstellen wir weiter, dass im Laufe der kulturellen Evolution der Zweck des Tanzes sich vom Zusammenhalten der Gruppe verschob zu abstrakteren Zwecken wie "Einführung in die Gesellschaft der Erwachsenenen", "gesellschaftlich/kirchlich tolerierte Möglichkeit des zwischengeschlechtlichen körperlichen Kontakts" oder "Festigung des Herrschaftsanspruchs (louis 14, ähh Louis XIV meine ich natürlich)".

Das alles erklärt aber noch nicht, warum in einer Zeit der (zumindest postulierten) Geschlechtergleichheit und Offenheit immer noch getanzt wird.

Vieles spricht dafür, dass Tanzen irgendwo tiefer in unserem stammesgeschichtlichen Erbe verankert ist. Menschen haben ein Bedürfnis, sich gemeinsam mit anderen zu bewegen. Synchron, wenn's geht. Zumindest als Ziel....
Wir können dem nicht entkommen - gemeinsame, synchrone Bewegung ist für den Affen in uns ein Wert an sich.Wir können nur damit umgehen ;-)

Jeder Beat ein Schritt
Ja wenn es nur so einfach wäre.....
Wie ist das jetzt mit dem Takt? Zählt man beim Walzer eins-zwei-drei? Oder einsund-zweiund-dreiund? Die gute alte ethologischeTradition der Freilandforschung hilft uns da nicht weiter. Die Beobachtungen vom Wochenende liefern uns ein 95-%-Quantil zwischen 0,7 und 2,7 steps-per-beat (spb). Und das bei dem selben Stück, wohlgemerkt! Die interindividuelle Varianz ist riesig (und versaut einem leider jegliche Signifikanz).

Ausnahmetalente (overachiever) erreichen jedoch problemlos über 3,5 spb.

Selbstverständlich gibt es die Extremwerte auch nach unten. Genannt sei hier der Sohlenkleber, der seine Schuhe anscheinend mit Sekundenkleber auf dem Parkett fixiert hat und den Tanz nur durch Bewegungen der Knie und der Arme ausübt. Möglicherweise handelt es sich dabei um den Versuch, trotz alkoholinduzierter Gleichgewichtsprobleme eine unfallfreie Bewegung auszuführen. Hier besteht noch Forschungsbedarf.

Distinktion trotz Synchronisation
"Ihr seid alle Individuen!", sagte Brian. Recht hatte er. Auch beim gemeinsamen Bewegen kann man Individuum sein. Man muss sich nur anders bewegen.

Geschlechtsspezifische Unterschiede sind in diesem Bereich höchst signifikant: Männer bewegen sich oft gar nicht, trotz rhythmischer Musik und eindeutigen Aufforderungen gegengeschlechtlicher Individuen. Das ist ein Phänomen, das schon mehrfach beschrieben wurde, eine nachvollziehbare Erklärung bietet die Literatur jedoch nicht.

Bislang noch nicht thematisiert wurden jedoch Distinktionsbewegungen (besonders) auf dem Weg zur oder von der Tanzfläche. Die Forschung zeigt, dass in diesen Fällen die Bewegung eher aus Oberkörper und Schultern erfolgt statt aus der Hüfte. Einer der Protokollführer sprach in diesem Zusammenhang vom "versuchten Augenausstechen". Ein Zusammenhang mit dem Blutalkoholspiegel ist möglich, nach vorliegenden Beobachtungen jedoch nicht zwingend.

Einfluss des Geschlechts
Im Rahmen der Feldforschung wurde lediglich das Verhalten protokolliert. Ein Interview mit den beobachteten Individuen erfolgte nicht. Geschlechtsspezifische Zuordnungen im folgenden beruhen deshalb nur auf einer vom Beobachter vorgenommenen Geschlechtszuweisung nach konventionell tradierten, äusseren Merkmalen.

Nach dieser Zuordnung ist die Abundanz männlicher Individuen auf der Tanzfläche hoch signifikant geringer als diejenige weiblicher Individuen. Die Glockenkurve des Verhaltens auf der Tanzfläche ist bei Männern deutlich gedehnter als bei Frauen. Das heisst, in der männlichen Stichprobe ist sowohl der Anteil der Sohlenkleber als auch der overachiever höher als in der weiblichen Stichprobe. Der chi-Quadrat-Test zeigt hohe Signifikanz.

Im Gegenzug ist die Abundanz der Frauen auf der Tanzfläche deutlich höher, die Individuenzahl liegt meist um den Faktor 1,6 bis 1,9 über der Zahl der Männer. Ebenso sind Extremvarianten der Tanzbewegungen in der weiblichen Stichprobe (bezogen auf die Individuenzahl) seltener. Mit anderen Worten: Frauen tanzen häufiger, aber eher im Rahmen des gesellschaftlich Akzeptierten.

Eine Ausnahme gibt es allerdings: Das oben angesprochene Distinktionsverhalten insbesondere auf dem Weg zur oder von der Tanzfläche tritt bei Frauen signifikant häufiger auf.

Die weitere Forschung muss besonders das beobachtete Verhalten mit dem Blutalkoholspiegel korrelieren. Es wäre die Hypothese zu testen, dass bei geringem Alkoholspiegel Männer eher keines oder Tanzverhalten mit geringer Bewegungsintensität zeigen, mit höherem Alkoholspiegel jedoch zwei lokale Extrema bei kein Tanz und hohe Bewegungsintensität/geringe soziale Angepasstheit auftreten.

Bei Frauen wäre über alle Alkohollevel (bis zu Besinnungslosigkeit) eine Normalverteilung des Tanzverhaltens zu erwarten.



um das angemahnte, fehlende Fazit nachzuholen: Die spinnen doch alle ;-)