Kugeln zerlegen Kugeln


Von Jan Sedelies Der Künstler Hannes Malte Mahler möchte zum Denken anregen. Nicht mehr und nicht weniger. Darum hat Mahler sein Atelier „Feinkunstraum“ in der Oststädter Kronenstraße auch hochoffiziell von der Stadt Hannover zu einer Schießstätte erklären lassen – einzig deshalb, damit Besucher bei einer Kunstaktion mit einem Luftgewehr auf Christbaumkugeln schießen können. „Glitterballshooting“ heißt dieser jährlich stattfindende künstlerische Akt, zu dem Mahler in der vergangenen Woche zum achten Mal einlud. Der Ablauf des Kunstprojekts ist einfach erklärt. Die mehr als hundert Besucher nehmen sich – bis weit nach Mitternacht – das Gewehr und ballern auf die Weihnachtskugeln. Mahler, Absolvent der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig, führt die Aufsicht. Dazu gibt es Glühwein. Etwas schwieriger ist die Sinnfrage zu beantworten. „Es geht um unterschiedliche Fragestellungen zum Weihnachtsfest, insbesondere der Dekoartikel“, sagt der 40-Jährige. Thema sei auch der Weihnachtszirkus, dem man jedes Jahr erneut unterworfen sei; außerdem gehe es um den Reiz, die perfekte Weihnachtskugel auf ästhetische Weise zu zerstören. Die richtige Wahl der Waffen spielt ebenfalls eine Rolle. Kugeln gegen Kugeln? „Ich mache keine Propaganda für oder gegen etwas“, sagt Mahler. Die Besucher sollen die Aktion selbst interpretieren. Der Künstler möchte eben nur zum Denken anregen – und reicht dafür gern das Gewehr. Rund 100 Kugeln müssen dieses Jahr dran glauben.


HAZ 18.12.2008