Zum 205. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy am 3. Februar öffnet das letzte baulich erhalten gebliebene Wohnhaus des Komponisten in der Goldschmidtstraße 12 nach zehnmonatiger, 1,5 Millionen Euro teurer Umbauphase als interaktives Museum wieder seine Pforten.

Es erstreckt sich jetzt über eine Gesamtfläche von rund 900 m2, bestehend aus nunmehr zwei Etagen und einem Gartenhaus. Hier werden nahezu alle Facetten des Komponisten, Dirigenten, Instrumentalisten, Malers, Reisenden, Briefkorrespondenten, gesellschaftlich und sozial Engagierten sowie des Familienmenschen und Liebhabers für musikalische Späße und Süßspeisen aufgezeigt.
Felix Mendelssohn Bartholdy, ebenfalls in Aquarelltechnik, diesmal 1829 von James Warren Childe gemalt
Foto: Getty Images Felix Mendelssohn Bartholdy, ebenfalls in Aquarelltechnik, diesmal 1829 von James Warren Childe gemalt

Das Wohnhaus in der heutigen Goldschmidtstraße 12 (früher Königsstraße 5) wurde 1844/45 errichtet. Mendelssohn lebte in der Beletage von 1845 bis zu seinem Tod 1847 mit seiner Frau Cécile und seinen fünf Kindern, Carl, Marie, Paul, Felix und Elisabeth (Lili). Louis Spohr beschreibt die Wohnung nach einem Besuch im Juni 1846: "In ihrer Einrichtung und ganzem Wesen herrscht neben allem Luxus und Reichthum eine so reizende Anspruchslosigkeit, daß man sich sehr wohl dabei befinden muß."

Die Romantik im 21. Jahrhundert

Nachdem Cécile den Wohnsitz 1848 auflöste, mietete unter anderem von 1867–1874 der Musikalienverlag Carl Friedrich Peters die 1. Etage. 1993 wurde das Haus durch die Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung käuflich erworben und so vor dem Verfall gerettet. Seit 1997 ist das Museum ein einzigartiges Zentrum zur Bewahrung und Pflege des mendelssohnschen Erbes mit über 40.000 Besuchern.

"Seit 15 Jahren zeigen wir im ersten Obergeschoss des Museums die Welt des 19. Jahrhunderts in historisch authentischer Atmosphäre, mit originalen Möbeln von Mendelssohn, ergänzt mit einigen Ausstellungsstücken und informativen Texten sowie den sonntäglichen Matineekonzerten im Musiksalon. Für uns ist es nun entscheidend, dieses historische Erbe mithilfe der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts zu bewahren und dem Publikum noch intensiver erlebbar zu machen. Die Räume des Erdgeschosses haben wir so lebendig gestaltet, dass man sich dank technischer Raffinessen unserer Zeit der Musikwelt von Mendelssohn nähern und umfassend mit dem Leben und Werk des Komponisten auseinandersetzen kann", so Jürgen Ernst, Direktor des Mendelssohn-Hauses.

Ein Komponistenaquarell zur Eröffnung

Pünktlich zur Neueröffnung erhielt die Stiftung drei Mendelssohn-Originale aus dem Nachlass von Cécile Lowenthal-Hensel, der Urenkelin von Felix' Schwester Fanny Hensel. Der Erbe Hendrik Kübler überreichte ein von Mendelssohn gemaltes Aquarell, zwei Kerzenleuchter mit den Initialen "FMB" als Dauerleihgabe sowie ein Büchlein von Homer ("Odyssea", Leipzig 1839) in griechischer Sprache als Schenkung. Das bislang unbekannte Aquarell "Comer See, Blick auf Cadenabbia" konnte erst durch Recherchen von Museumsleiterin Cornelia Thierbach zugeordnet werden. Es galt lange Zeit als verschollen und war bisher nur mittels eines Eintrages vom 23. Juni 1837 im Hochzeitstagebuch überliefert. Dort schrieb Felix' Ehefrau Cécile: "Morgens früh' Zeichenstunde. Die Hitze, der Geruch der Farben und das Palettehalten, machen mich so müde, daß ich alle Augenblicke aufhören muß, während Felix sehr eifrig an seiner Caddenabbia malt."

Die Entwürfe für die Einrichtung des neuen Museumsbereichs stammen vom Berliner Büro Bertron Schwarz Frey. Zu den Attraktionen des neuen Museumsbereichs zählt neben der 3-D-Projektion des Leipziger Mendelssohn-Denkmals (Pepper's Ghost) das weltweit einzigartige "Effektorium": Mittels einer aufwändigen Installation von 13 Lautsprechern, die jeweils eine Instrumentengruppe "verkörpern", kann der Besucher selbst zum Dirigenten werden. Von einem digitalen Dirigentenpult mit Partitur aus lassen sich Tempo, Lautstärke und Raumlichteffekte regulieren, Instrumenten- bzw. Stimmgruppen einzeln hervorheben und Interpretationen vergleichen.

Paternostervitrine und Klavierlackmöbel

Die Konzertouvertüre zum "Sommernachtstraum" und der Finalsatz aus der Reformationssinfonie wurden extra für das Effektorium mit historischen und modernen Instrumenten eingespielt. Der Universitätschor Leipzig sang die beiden Lieder "O Täler weit, o Höhen" und "Denn er hat seinen Engeln befohlen" ein.

Neue Dimensionen in der Präsentation von Exponaten setzt die fünf Meter breite und knapp vier Meter hohe Paternostervitrine, in der 40 Ausstellungsstücke vor den Augen der Besucher rotieren. Auf sechs iPads lässt sich unter anderem die digitale Notenbibliothek einsehen. Außergewöhnlich sind auch die Präsentationsmöbel in schwarzem Klavierlack.

Im neu gestalteten Raum für Dauerausstellungen ist ab dem 3. Februar die viel beachtete Ausstellung "Blut und Geist – Bach, Mendelssohn und ihre Musik im Dritten Reich" des Bachhauses Eisenach zu sehen. Sie widmet sich eindringlich einem dunklen Kapitel der Musikgeschichte und verdeutlicht dessen Auswirkungen, die bis in die Achtzigerjahre reichten.
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