[eo] [en] [fr] [es]
[nl] [rus]

Münchhausen
Der Ritt auf der Kanonenkugel


... Ein Danke ...

Mit der Wiedergabe dieser Geschichte möchte ich all denen danken,
die mir halfen einen Blick
hinter die Kulissen zu werfen,
- hinter die Kulissen der Politik, der Medien, der modernen Kriege,
des Neoliberalismus,
der Religionen.
Viele gewannen ihre Einsichten auf eine ungewöhnliche
manchmal abenteuerliche Weise,
fast vergleichbar dem "Ritt auf der Kanonenkugel"
des
Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen
genannt der " Lügenbaron".

1


Hier also die Geschichte

"Der Ritt auf der Kanonenkugel


Im Krieg schätzt man Männer mit raschem Entschluss.
Bei aller Bescheidenheit glaube ich,
mich dieser Eigenschaft rühmen zu dürfen.
Habe ich einen Entschluss gefasst,
führe ich mein Vorhaben immer aus,
und wäre es noch so gefährlich.

Ja, um bei der Wahrheit zu bleiben,
einmal reute mich ein unüberlegter Einfall.
Wir belagerten eine Stadt
- ich habe vor lauter Belagerungen vergessen, welche Stadt es war -
und unser Feldmarschall wollte unbedingt wissen,
wie es in der Festung stünde.
Alle Versuche, durch Vorposten und Wachen
über die Gräben und Drahtverhaue
hineinzugelangen, scheiterten.
Jeder Kundschafter kehrte ohne Erfolg zurück,
wenn ihn die Türken nicht abgefangen hatten.
Schließlich hatten wir niemanden mehr,
dem wir diese heikle Aufgabe hätten anvertrauen können.
Es schien, als sollten wir ewig vor dem türkischen Bollwerk liegen.

Ich überlegte:
Auf der Erde gelingt es uns niemals
in die Festung zu kommen, das steht fest.
Wer sagt aber, dass man wie ein Wurm in die Stadt kriechen muss?
In der Luft gibt es keine feindlichen Posten,
keine Gräben, keine Drahtverhaue.
Man müsste es versuchen,
durch die Luft in die türkische Stadt zu kommen!

2


Als mir diese Gedanken durch den Kopf gingen,
stand ich just neben einer unserer größten Kanonen,
die in die Stadt hineinschoß.
Der Kanonier legte soeben die Lunte an,
und ohne mich einen Augenblick zu besinnen
- dann wäre es auch bereits zu spät gewesen -
sprang ich im Hui auf die Kugel,
die aus dem Rohr herauszischte.
Es ging alles so schnell,
dass ich heute nicht mehr genau sagen kann,
wie ich auf die Kugel zu sitzen kam,
jedenfalls flog ich einen Atemzug später
in einem steilen Bogen durch die Luft
in der Richtung auf die feindliche Stadt.
Obwohl es mir nicht leicht fiel,
auf der dahinsausenden Kugel
das Gleichgewicht zu halten,
sah ich mir die Gegend aus der Höhe genau an
und prägte mir alle Einzelheiten ein.
Es konnte bei einem Angriff auf die Stadt nur von Vorteil sein.

3


Während des sausenden Flugs
kamen mir allerdings schwerwiegende Bedenken.
Hinein kommst du leicht,
sagte ich mir,
aber wie kommst du wieder heraus?
Wie wird es dir in der Festung ergehen?
Man wird dich an deiner Uniform als Feind erkennen
und an den nächsten Galgen hängen.

Diese Überlegungen machten mir sehr zu schaffen.
Ich hätte gerne meinen etwas übereilten Entschluß rückgängig gemacht.
Aber wie?
In diesem Augenblick neigte sich
meine Kugel abwärts zu der Festung,
und da sah ich von dort
eine andere Kugel aufsteigen,
die der Feind zu unserem Lager schoß.
Nur einen Meter dürfte sie an mir vorbeifliegen, schätzte ich.
Und richtig!
Als sie heran war, schwang ich mich auf sie hinüber
und kam gesund und wohlbehalten
bei meinen Husaren an.

4



Fotos auf der Festung Königstein/Sachsen
von Albert Jäger



Text und Bilder aus dem Buch von
Gottfried August Bürger: Münchhausen
Bearbeitet von Maria Pacolt - illustriert von Ernst Pacolt - erschienen im Verlag Gustav Svoboda&Bruder Wien VII Auflage - Erscheinungsjahr nicht genannt